Namibia - Das lukrative Geschäft mit dem Verkauf von wilden Elefanten

Die namibischen Behörden haben 2020 170 Elefanten zur Versteigerung angeboten. Verkauft wurden jedoch bisher nur 57 Elefanten an private Investoren. Bekannt sind bisher Details zum Fang und Verkauf von den ersten 37 Dickhäutern. 22 von ihnen wurden Anfang März 2022 in Zoos in die Vereinigten Arabischen Emirate transportiert. 15 sind in Namibia geblieben, weitere 20 Elefanten stehen noch auf der Verkaufsliste.

Die namibische Regierung erklärte, sie hätte die Elefanten nur an einheimische Organisationen verkauft - wieso sind die Tiere dennoch im Ausland gelandet?Nam 2

Private Tierhändler (im Fall der 22 Elefanten war dies Gerrie Odendaal von GoHunt Namibia Safaris/Jagdfarm) haben die Dickhäuter gekauft, Ende 2021 einfangen lassen und wie es aussieht an Zoos im Ausland weiterverkauft und bereits Anfang März verschifft, während die namibische CITES Behörde diesen Export augenscheinlich genehmigt hat.

Kommerzielle Interessen spielen bei diesem Geschäft womöglich eine große Rolle: Die Behörden haben lt. Medienberichten durch die Auktion rund 5,9 Millionen Namibia-Dollar, also über 350 000 Euro erhalten. Nach Einschätzung von Beobachtern vor Ort ist dies aber lediglich derjenige Betrag, der an das Umweltministerium ging. Der namibische Journalist John Grobler schätzt, dass der Verkauf etwa 50 Millionen Namibia-Dollar (über 3 Millionen Euro) eingebracht hat. Die Differenz (also fast 2,7 Millionen Euro) ist an Zwischenhändler und südafrikanische Wildauktionatoren geflossen.

CITES listet Elefanten in Namibia im Anhang II. Diese Regel zum Handel mit lebenden Elefanten in Namibia schreibt demnach vor, dass diese nur an „geeignete und akzeptable Ziele“ und „in situ“-Schutzprogramme verkauft werden dürfen. Das bedeutet: Das Land sollte nicht in der Lage sein, lebende Elefanten außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes zu exportieren.

Namibia scheint sich auf eine Rückfallklausel in den CITES-Bestimmungen zu berufen, die es angeblich erlaubt, den Export auch unter den Regeln von Anhang I durchzuführen. Namibia hatte den Nachtrag bereits früher so interpretiert, um Elefanten nach Mexiko und Kuba verkaufen zu können.

Die Rückfallklausel soll eigentlich gewährleisten, dass im Zweifelsfall noch härtere Auflagen gelten. Namibia legt sie jedoch anders aus – so dass sie einen nicht kommerziellen Export auch außerhalb der Verbreitungsgebiete erlaubt, zum Beispiel an Zoos.

Zwei Rechtsgutachten und diverse CITES Experten kommen zu dem Schluss, dass dies nicht im Sinne der Regelungen ist.

Welche negativen Folgen hat das für die Elefanten?

Wild gefangene Elefanten haben geringere Überlebenschancen als in Gefangenschaft geborene Dickhäuter. Ihre Lebenserwartung ist laut diversen Studien um mehrere Jahre verkürzt. Unter dem Fang leiden ältere Elefanten am meisten. Ihre Sterberate ist noch höher als diejenige von jüngeren Elefanten.

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Allein schon der Fang löst Stress aus, durch die Verfolgung mit Autos oder Helikoptern, die Einsperrung ganzer Gruppen, den Fang einzelner Elefanten mit Schlingen bzw. Betäubung oder der Transport in kleinen Transportcontainern usw. Im aktuellen Fall ist äußerst bedenklich, dass zwei der 22 Tiere augenscheinlich hochträchtig waren. In der Gefangenschaft gab es lt. lokalen Beobachtern offenbar zwei Geburten von winzigen Elefantenbabies, womöglich Frühgeburten.

In Freiheit wandern Elefanten viele Kilometer am Tag. Sie auf kleine Gehege von einigen hundert Quadratmetern zu beschränken, bedeutet, ihren natürlichen Bewegungsdrang künstlich zu unterdrücken. Elefanten in vielen Zoos weisen Symptome von traumatischem Stress, Leiden und psychischen Schäden auf: Sie verbringen oft viele Stunden am Tag mit stereotypem Wippen und Schaukeln, dem sogenannten Weben. Dies ist ein Bewältigungsmechanismus, mit dem die eingesperrten Tiere versuchen, die intensive Frustration abzubauen, die entsteht, wenn ihr normales Verhalten von Bewegung, emotionalem Austausch in der (Familien-)Gruppe und Nahrungssuche unterbunden wird. Es entstehen auch zahlreiche körperliche Beschwerden, denn wenn Elefanten ihre Gliedmaßen nicht ausreichend bewegen können, entwickeln sie chronische Fuß-, Gelenk- und Herz-Kreislauf-Funktionsstörungen.

Die ständige Nähe zu Menschen, die ein Elefant in einer natürlichen Umgebung meidet, trägt zum Stress in Gefangenschaft bei.

Außerdem erhöht so ein Wildfang den Druck auf die gefährdeten Freilandpopulationen, mit möglicherweise negativen Auswirkungen auf deren Bestandsaussichten.

Auf Grundlage der wissenschaftlichen Beweise traf Südafrika im Jahr 2008 die Entscheidung, den Fang von Elefanten aus der Wildnis zum Zweck des Handels zu verbieten. Die African Elephant Specialist Group der International Union for Conservation of Nature (IUCN) lehnt die Entnahme afrikanischer Elefanten aus der Wildnis in die Gefangenschaft ebenfalls ab.

Ein Hauptproblem wildlebender Elefanten, nämlich der fortschreitende Verlust ihres Lebensraums, lässt sich durch Zuchtprogramme nicht lösen, denn Elefanten aus Zoos lassen sich nicht wieder auswildern. Sowohl in Afrika als auch in Asien schrumpfen die Lebensräume der Dickhäuter dramatisch. Um die daraus entstehenden Mensch-Tier-Konflikte zu entschärfen, müssen dringend Strategien weiterentwickelt und umgesetzt werden.

Warum ist der Handel mit Tieren gefährdeter Arten überhaupt möglich?

In Namibia dürfen Elefanten lokal und international mit CITES Genehmigungen gehandelt werden, denn diese haben nicht den höchsten Schutzstatus beim Washingtoner Artenschutz-/Artenhandelsabkommen (CITES) und stehen nur auf Anhang II.

CITES Anhang I würde dagegen jeglichen Handel verbieten (so etwa in Tansania oder Kenia).

Die Erlaubnis zum Handel bzw. die Listung hängt grundsätzlich von Belegen ab, ob eine Tierart gefährdet ist oder nicht. Ist sie bei CITES auf Anhang I oder II gelistet, gibt es Regeln bzw. sind Quoten festgelegt:

https://cites.org/eng/resources/quotas/index.php

Allerdings ist der Schutzstatus einer Tierart womöglich auch Verhandlungssache, wie in verschiedenen Berichten über CITES-Veranstaltungen nachzulesen ist.

https://www.buzzfeed.com/de/robertojurkschat/ausbeuter-artenschutz-trophaenjagd-rote-liste

In Namibia kommt zur Nutzung der Elefanten noch die Trophäenjagd hinzu. Auf diese Weise verlieren pro Jahr rund 90 Dickhäuter ihr Leben. (https://conservationaction.co.za/resources/reports/cites-elephant-trophy-hunting-quotas-2017-1188-african-elephants-may-legally-hunted-2017/)

Die Begründung für den Handel und Abschuss der Tiere in Namibia ist jedoch, dass es genügend Elefanten im Land geben soll. Aber:

Der 2016 IUCN SSC African Elephant Specialist Group Status Report schätzte Namibias Elefantenpopulation auf 22.754. Namibia lehnte es 2016 ab, an der großen Elefantenzählung (Great Elephant Census, GEC) teilzunehmen, einem koordinierten Mehrländerprogramm, das die Populationen afrikanischer Savannenelefanten untersuchte und einige der Daten für den Statusbericht lieferte.

Die Schätzung von 2016 entspricht in etwa der in namibischen Medien im Jahr 2020 genannten, und dies trotz einer behaupteten jährlichen Wachstumsrate der Population von über 5 Prozent.

Die wissenschaftliche Grundlage für diese angegebene Wachstumsrate ist unklar, und auch Ergebnisse von Luftaufnahmen im August 2019 von Elefanten im Nordosten des Landes müssen noch veröffentlicht werden. Darüber hinaus gilt zu  beachten, dass in den Schätzungen für Namibia wahrscheinlich Tiere ausNam 1 grenzüberschreitenden Populationen enthalten sind, die regelmäßig zwischen Namibia, Angola, Sambia und Botswana hin und her ziehen. (Thematik der Mehrfachzählung).

Zu berücksichtigen ist ebenfalls die ernste Gefährdung einiger Subpopulationen, in diesem Fall der an Wüsten angepassten Elefanten (Wüstenelefanten) im trockenen Nordwesten Namibias: Das Ministerium für Umwelt und Tourismus (MEFT) versuchte, den Verkauf der Elefanten als Intervention bei zunehmenden Fällen von Mensch-Wildtier-Konflikten zu rechtfertigen. Jedoch wurden die 22 Elefanten aus dem Farmgebiet Kamanjab gefangen, das nicht stark von ländlichen Gemeinden besiedelt ist. Laut einem 2021 veröffentlichten Bericht handelt es sich um ein Gebiet, das Teil der trockenen Kunene-Region im Nordwesten Namibias ist, in dem die Elefantenzahlen bereits sehr niedrig sind.

Von großer Bedeutung ist die extrem geringe Zahl der Bullen (u.a. auch durch Trophäenjagd) und die hohe Sterblichkeitsrate beim Nachwuchs der Elefanten-Population im Gebiet der Kunene-Region. Der Plan des MEFT, lebende Elefanten aus diesem speziellen Gebiet zu entfernen, widerspricht der Erhaltung dieser kleinen Unterpopulation. Und da die Elefantenzahlen so gering sind, gibt es dort auch verhältnismäßig wenig Mensch-Elefanten-Konflikte, weitaus weniger als in anderen Teilen Namibias, insbesondere im Nordosten, wo die Elefanten Grenzen zu den Nachbarstaaten überschreiten.

So wurde etwa 2020 von der Regierung nur ein Fall eines Konflikts zwischen Mensch und Elefant in der Kamanjab Region dokumentiert, gleichzeitig wurden jedoch Schäden an 3.346 Hektar Farmland gemeldet. Das wirft einige Fragen auf.

Gut zu wissen:

Namibia transportiert seit Jahren Wildtiere z. B. in den Kongo:
https://tradingeconomics.com/namibia/exports/congo/live-animals
https://wildlifevetsnamibia.com/translocation.html